GGUT 2025: Athleten-Statement zur Kontroverse – Verantwortung übernehmen und Kommunikation verbessern
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GGUT 2025: Athleten-Statement zur Kontroverse – Verantwortung übernehmen und Kommunikation verbessern

Mein öffentliches Statement zu den kontroversen Diskussionen nach dem Großglockner Ultra-Trail 2025. Über Verantwortungsübernahme, Krisenkommunikation und die Lehren aus einer schwierigen Situation.

Wenn der Sieg zur Kontroverse wird

Nach meinem dritten Sieg beim Großglockner Ultra-Trail 2025 hätte eigentlich Freude und Stolz im Vordergrund stehen sollen. Stattdessen entwickelte sich eine heftige Kontroverse um die Entscheidung der Rennleitung, das Rennen abzubrechen – und um meine Rolle als einer von nur acht Finishern bei 1.500 Startern.

Das öffentliche Statement, das ich wenige Tage nach dem Rennen auf Instagram und Facebook veröffentlichte, erregte große Aufmerksamkeit und polarisierte die Community. Es war Zeit, Verantwortung zu übernehmen und die Diskussion konstruktiv zu führen.

Das Instagram-Statement im Volltext

Die Wahrheit hinter den Kulissen

In meinem Statement schrieb ich bewusst von der dramatischen Wetteränderung, die viele nicht mitbekommen hatten. Das viral gewordene Video vom Glocknerhaus zeigte Mathias und mich in kurzen Ärmeln – ein Bild, das ohne Kontext irreführend war.

Was die Kamera nicht einfing:

15 Minuten später alles anders:

  • Hagel und eisiger Regen
  • Windchill um 0°C
  • Komplette Ausrüstung notwendig
  • Sicht praktisch null

Der Abstieg von der Pfandlscharte:

  • Kein erkennbarer Trail mehr
  • Nur noch Geröll, Wasser und Schlamm
  • Mathias’ Fuß unter Felsbrocken eingeklemmt
  • 700 Meter tiefe Abhänge direkt daneben

Diese Insider-Perspektive war entscheidend für das Verständnis der Situation. Als ich in Ferleiten ankam wollte ich sogar selbst einen Rennabbruch vorschlagen – nur um zu erfahren, dass er bereits erfolgt war.

Die Reaktionen: Von Zustimmung bis Empörung

Das Statement löste heftige Diskussionen aus. Die Kommentare spiegelten die gesamte Bandbreite der Emotionen wider:

Verständnis und Zustimmung:

“Danke für dein Statement. Ja es ist sehr frustrierend… Aber ich verstehe die Entscheidung des Rennabbruchs sehr gut.”

“Es ist nun mal Bergsport und jeder, der die Nacht durchgelaufen ist, kann sicher die Entscheidung des Rennleiters nachvollziehen.”

Kritik an der Kommunikation:

“Was für mich so einen negativen Beigeschmack hinterlässt… ist das fehlende Statement/die fehlende persönliche Nachricht vom Veranstalter.”

“Updates like this are just insult against all other runners. GGUT team literally abandoned everyone…”

Systemkritik:

“Ein zusätzliches Rennen mit 600 Teilnehmern zu starten, obwohl man schon wusste, dass es schier unmöglich scheint, dieses durchzubringen, hat einen fahlen Beigeschmack.”

Meine Reflexion: Was hätte besser laufen können?

Als jemand, der sowohl als Athlet als auch als CEO Krisensituationen erlebt hat, erkenne ich mehrere Versäumnisse in der Kommunikation:

1. Fehlende proaktive Kommunikation

Das Problem: Teilnehmer erfuhren vom Rennabbruch oft nur zufällig oder durch andere Läufer.

Besserer Ansatz: Sofortige Benachrichtigung aller registrierten Teilnehmer per SMS/E-Mail mit:

  • Grund des Abbruchs
  • Sicherheitsmaßnahmen
  • Nächste Schritte

2. Mangelnde Nachbetreuung

Das Problem: Tagelang kein offizielles Statement oder Entschuldigung des Veranstalters.

Besserer Ansatz:

  • Statement binnen 24 Stunden
  • Persönliche Erklärung der Entscheidung
  • Anerkennung der Enttäuschung
  • Konstruktive Lösungsvorschläge

3. Unklare Regelkommunikation

Das Problem: Viele verstanden nicht, warum 8 Läufer finishen durften, während andere gestoppt wurden.

Besserer Ansatz:

  • Klare Erklärung des Zeitfensters
  • Transparente Darstellung der Sicherheitslage
  • Einheitliche Regelanwendung

Business-Transfer: Krisenkommunikation richtig gemacht

Diese Situation war eine Masterclass in Krisenkommunikation – sowohl als positives als auch als negatives Beispiel:

Die 7 Grundregeln erfolgreicher Krisenkommunikation:

1. Schnelligkeit vor Perfektion

Timing ist alles: Erste Reaktion binnen weniger Stunden, auch wenn noch nicht alle Details geklärt sind.

2. Ehrlichkeit und Transparenz

Fakten auf den Tisch: Was passiert ist, warum es passiert ist, welche Maßnahmen ergriffen wurden.

3. Empathie zeigen

Emotionen anerkennen: Die Enttäuschung und Frustration der Betroffenen ernst nehmen.

4. Verantwortung übernehmen

Keine Schuldzuweisungen: Fokus auf Lösungen, nicht auf Rechtfertigungen.

5. Konkrete Schritte kommunizieren

Handlungsplan vorlegen: Was wird getan, um ähnliche Situationen zu vermeiden?

6. Alle Stakeholder bedenken

360°-Kommunikation: Teilnehmer, Medien, Partner, Helfer – jeder braucht angepasste Information.

7. Nachhaltige Aufarbeitung

Langfristig denken: Vertrauen zurückgewinnen durch kontinuierliche, offene Kommunikation.

Was ich aus dieser Situation gelernt habe

Als Athlet:

  • Multiperspektiven einnehmen: Meine Sicht als Finisher war nur eine von vielen
  • Plattform verantwortlich nutzen: Mit Reichweite kommt Verantwortung für ausgewogene Darstellung
  • Timing beachten: Statements zu früh können verletzen, zu spät können irrelevant werden

Als Business Leader:

  • Stakeholder-Management ist komplex: Verschiedene Gruppen haben verschiedene Bedürfnisse
  • Authentizität schlägt Perfektion: Ehrliche Einschätzungen werden mehr respektiert als PR-Speak
  • Kommunikationsvakuum wird gefüllt: Wenn offizielle Stellen schweigen, entstehen Spekulationen

Die symbolische Geste: Preis zurückgeben

Meine Entscheidung, den handgefertigten Großglockner-Gipfelkreuz-Nachbau als Siegespreis zurück an die Organisation zu spenden, war symbolisch gemeint:

  • Als Zeichen der Solidarität mit allen Teilnehmern
  • Als Anerkennung der schwierigen Situation
  • Als Geste des Respekts vor der schweren Entscheidung der Rennleitung

Konstruktive Verbesserungsvorschläge

Basierend auf den Erfahrungen und dem Feedback der Community:

Für Veranstalter:

  1. Krisenkommunikations-Playbook entwickeln
  2. Digitale Benachrichtigungssysteme einrichten
  3. Nachbetreuungs-Protokolle etablieren
  4. Transparente Regelkommunikation vor dem Event

Für Athleten:

  1. Risikobewusstsein schärfen
  2. Wetterlagen realistisch einschätzen
  3. Verständnis für Sicherheitsentscheidungen entwickeln
  4. Konstruktives Feedback geben statt nur kritisieren

Für die Community:

  1. Respektvolle Diskussionskultur pflegen
  2. Mehrere Perspektiven zulassen
  3. Sicherheit über Leistung stellen
  4. Solidarität mit allen Betroffenen zeigen

Fazit: Wachstum durch Widerstände

Diese Kontroverse war schmerzhaft aber lehrreich. Sie hat gezeigt, wie wichtig professionelle Krisenkommunikation ist und wie schnell sich Situationen eskalieren können, wenn Kommunikation fehlt.

Mein Statement war ein Versuch, Brücken zu bauen und verschiedene Perspektiven zu verbinden. Nicht alle waren zufrieden damit – und das ist okay. Wichtig war mir, Verantwortung zu übernehmen und den Dialog zu fördern.

Die wichtigste Erkenntnis:

Wo gearbeitet wird, entstehen Reibungen. Nicht alles läuft perfekt – besonders in den Bergen. Aber entscheidend ist der Mut, das Richtige zu tun. Auch wenn es schwer fällt.

Der Großglockner Ultra-Trail 2025 wird in die Geschichte eingehen – nicht nur wegen der extremen Bedingungen, sondern auch als Lehrstück für Krisenkommunikation und Community-Management.

Mountains > Medals – diese Philosophie gilt auch für schwierige Diskussionen. Am Ende zählt, dass alle gesund nach Hause gekommen sind.


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Tags

#krisenkommunikation #verantwortung #großglockner #ultra-trail #führung #authentizität

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